40 Jahre Zwerenberger Kirchenkonzerte

Im Jahr 2019 werden es nun 40 Jahre, dass der gebürtige Zwerenberger Ulrich Seeger die von ihm begründeten Zwerenberger Kirchenkonzerte leitet. Bereits 1977 hatte er als junger Schüler die Leitung des Kirchenchors seiner Heimatgemeinde übernommen. Im Jahr 1979 wagte er erstmals, mit der berühmten und anspruchsvollen Bachkantate “Christ lag in Todesbanden” ein großes und bedeutendes kirchenmusikalisches Werk aufzuführen, das in seinem technischen und musikalischen Anspruch weit über denjenigen eines landläufigen Kirchenchors hinausragt. Hierbei erhielt er vielseitige Unterstützung aus seinem Altensteiger Freundeskreis mit Mitgliedern der Christophorus-Kantorei, deren herausragende Chorarbeit ihn nachhaltig prägte. Was damals keiner ahnen konnte: Mit diesem Konzert wurde die Grundlage für eine außerordentliche Konzertreihe gelegt, die der kleinen Schwarzwaldgemeinde Zwerenberg über 40 Jahre hinweg zwei- bis dreimal jährlich Kirchenkonzerte mit zunehmend größerem Anspruch und stärkerer Ausdruckskraft bescherte. Dabei haben sich die Zwerenberger Kirchenkonzerte von Beginn an neben ihrer besonderen musikalischen Qualität durch ihre ganz eigene Programmauswahl ausgezeichnet. Schon zu Beginn finden sich in der Programmauswahl Ulrich Seegers neben einzelnen wohlbekannten zahlreiche unbekannte und selten aufgeführte Werke der Kirchenmusik. Und da Ulrich Seeger von wenigen Ausnahmen abgesehen mit jedem neuen Programm neue Werke zur Aufführung brachte, hat sich im Verlauf der Jahre ein ungewöhnlich vielfältiges Kaleidoskop an Werken sämtlicher musikalischer Stilrichtungen ergeben. Von der A-Cappella-Mottete in ihrer barocken wie in ihrer modernen Ausprägung über zahlreiche Bach-Kantaten, die klassischen Messen Mozarts und Haydns bis hin zu den großen Oratorien des 19. und 20. Jahrhunderts reicht das ungewöhnlich weit gespannte Repertoire und bietet rückblickend eine staunenswerte Fülle, die den Vergleich mit vielen großstädtischen Kirchenmusikzentren nicht zu scheuen braucht.

In den Anfangsjahren standen regelmäßig Kantaten von J. S. Bach im Mittelpunkt der Programme. Aber auch Eigenkompositionen Ulrich Seegers waren von Beginn an fester Bestandteil vieler Zwerenberger Konzerte. Die Gründung des Zwerenberger Vokalensembles im Oktober 1983 brachte einen großen qualitativen Schub mit sich, was sich nicht zuletzt an der ständig wachsenden Besetzung der aufgeführten Werke ablesen lässt. Standen bis dahin Werke des Barock im Mittelpunkt der Programme, rückten nun immer wieder Werke von Felix Mendelssohn-Bartholdy in den Blickpunkt, und spätestens mit den Aufführungen des Weihnachtsoratoriums von J. S. Bach 1987, des Requiems von Mozart 1988 und der H-Moll-Messe von Bach zum 10-jährigen Jubiläum der Zwerenberger Kirchenkonzerte 1989 war ein Niveau erreicht, das weit über die Grenzen Zwerenbergs hinausstrahlte. Hierbei kamen Ulrich Seeger seine vielfältigen musikalischen Kontakte und Freundschaften zu Gute, die er sich im Laufe seines Studiums der Kirchenmusik in Heidelberg (ab 1982) und in Berlin (ab 1987) erworben hat.

Ende 1988 wurde der Verein Zwerenberger Kirchenkonzerte e.V. gegründet, mit dessen finanzieller Unterstützung die künstlerische Weiterentwicklung der Zwerenberger Kirchenkonzerte erfolgreich gefördert werden konnte. Neben den zumeist motettisch geprägten Konzerten zur Passionszeit mit ihren natürlicherweise kleineren Besetzungen konnten nun beinahe jährlich immer größere oratorische Projekte in Angriff genommen werden, gipfelnd in den Aufführungen von “Ein deutsches Requiem”, dem “Elias” und dem Oratorium “In terra pax” von Frank Martin. In den vergangenen Jahren hat sich der Schwerpunkt weg von den großen Oratorien der Romantik hin zu oft unbekannten, selten aufgeführten aber dennoch herausragenden Werken des Barockzeitalters entwickelt. Besonders die Aufführungen der “Marienvesper” von Rosenmüller sowie der großen mehrchörigen Psalmvertonungen von Giovanni Gabrieli, Michael Praetorius und Heinrich Schütz in den zurückliegenden Neujahrskonzerten haben die Chronik der Zwerenberger Kirchenkonzerte um viele herausragende Aufführungen bereichert.

Mit seinem wiederum ungewöhnlichen Programm zum diesjährigen 40-jährigen Jubiläum führt Ulrich Seeger ganz bewusst diese Tradition der Konzerte mit Aufführungen unbekannter barocker Werke fort. Nicht mit Pauken und Trompeten, sondern klein aber fein begehen Ulrich Seeger und seine musikalischen Freunde das diesjährige 40-jährige Jubiläum dieser ebenso ungewöhnlichen wie herausragenden Konzertreihe der Zwerenberger Kirchenkonzerte, und im Sinne aller Zuhörenden wie Ausführenden ist es zu wünschen, dass dieser Konzertreihe noch eine lange Zukunft vergönnt sein möge.

Armin Schmid